Intensive Forschungen der letzten Jahre zeigen nämlich, dass das Immunsystem des Patienten zur Bekämpfung der eigenen Krebskrankheit mobilisiert werden kann. Das Team von Frau Prof. Schilbach in der Kinderonkologie der Universitätsklinik Tübingen ist stark in die fachübergreifende Grundlagenforschung eingebunden und arbeitet intensiv daran, Patienten die Chance für eine Impfung gegen ihren eigenen Tumor zu eröffnen.
Um den Körper immun gegen den eigenen Krebs zu machen wird die gleiche Impf-Strategie genutzt wie gegen Tetanus, Influenza oder Pocken. So werden Kinder in einer Studie derzeit nicht nur gegen ihre Leukämie geimpft, sondern auch andere Patienten gegen die weitaus widerstandsfähigeren soliden Tumore. Eine Art von Therapie, die aus traditioneller Sicht fast unglaublich ist.
Bisherige Therapien wollen das Wachstum des Krebses mit Medikamenten, etwa einer Chemotherapie verhindern, indem speziell zugeschnittene Standardtherapien auf typische Veränderungen des kranken Gewebes zielen, z. B. bei einem Lungentumor. Dagegen möchte die Impfung gegen Krebs den Tumor eines Patienten in seiner Einzigartigkeit treffen.
Forschungen der letzten Jahre zeigten nämlich, dass Tumore oder auch Leukämien zwar durch generell gleich oder ähnlich ablaufende Zellentwicklungs-Störungen entstehen, dass dabei aber jeder Tumor zusätzlich ganz patientenindividuelle Zellveränderungen aufweist. Das heißt, jeder Patient hat seinen ganz eigenen, spezifischen Krebs entwickelt, der ihn von Tumoren anderer Patienten unterscheidet, auch wenn er sich wie diese z.B. in der Lunge entwickelt hat. Den Durchbruch in dieser neuesten Therapieentwicklung brachten nun Studien, deren Ergebnis deutlich zeigt: ein Patient hat die höchsten Chancen, geheilt zu werden, wenn die patientenindividuellen Veränderungen des Tumorgewebes durch eine Impfung angegangen werden.
Die traditionellen Standardtherapien können dagegen diese individuellen Veränderungen des Tumors nicht berücksichtigen und sind daher von vornherein nicht bei allen Patienten gleich wirksam.
Um nun eine solche für jeden Patienten maßgeschneiderte Impfung gegen den Tumor zu erreichen, analysiert man zunächst die Gen-Information aus dem gesunden Patientengewebe und vergleicht diese mit den Gen-Informationen aus dem Tumorgewebe. Aus den, präzise ermittelten Abweichungen zwischen beiden Gewebeproben, kann man nun die fehlerhaften Erbinformationen des Tumorgewebes exakt identifizieren und genau damit einen Impfstoff herstellen.
Die fehlerhaften Teile (Peptide) des spezifischen Tumorgewebes werden im Labor in einem einfachen Verfahren nachgebaut und dann dem Patienten injiziert. Einige T-Zellen aus dem Blut des Patienten erkennen nun als „Polizisten-Zellen“ dieses fremde Peptid, binden daran und beginnen, sich sehr stark zu vermehren. So entsteht eine beträchtliche Menge von T-Zellen, die alle dieses fehlerhafte Peptid erkennen. Diese neu entstandenen T Zellen schwärmen dann in das gesamte Gewebe des Patienten aus und zerstören dort nur Tumorzellen, weil diese ja diese fehlerhaften Peptide besitzen. Durch eine Impfung wird somit die Krebserkrankung verlässlich bekämpft und gesundes Gewebe nicht geschädigt.
Entscheidend für den Erfolg einer Impfung ist jedoch die Überprüfung, ob das Immunsystem des Patienten durch die Impfung tatsächlich zur Bildung solcher neuer T-Zellen aktiviert wird. Und dies ist nach heutigem Stand leider noch nicht umfassend und therapiebegleitend für alle Patienten möglich.
Trotzdem: Bisherige Therapieerfolge vor allem bei leukämiekranken Kindern und auch bei anderen Krebsarten sind außerordentlich ermutigend; sie gehen zu einem hohen Prozentsatz bei Patienten nach Impfung mit einer entsprechenden T- Zell-Antwort des Immunsystems einher. Der mit der Impftherapie eingeschlagene Weg ist also richtig und so erfolgreich, dass in den nächsten Jahren versucht werden soll, dieses revolutionäre Konzept der Tumortherapie als Standardtherapieverfahren einzuführen. Eine große Hoffnung für viele Krebspatienten.
Die Stiftung des Fördervereins für krebskranke Kinder Tübingen ist stolz darauf, dieses zukunftsweisende Projekt im international renommierten Standort der Kinderonkologie Tübingen begleiten und finanziell unterstützen zu können. Getreu ihres Leitspruchs „Kampf dem Krebs bei Kindern“.
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